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SGB II: Trunkenheitsfahrt ist kein sozialwidriges Verhalten.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass die Privatfahrt eines Berufskraftfahrers unter Alkoholeinfluss mit Verlust von Fahrerlaubnis und Arbeitsplatz keinen spezifischen Bezug zur Herbeiführung seiner Hilfebedürftigkeit hat. Sie löst deshalb keinen Kostenersatzanspruch des Jobcenters bei sozialwidrigem Verhalten aus.

Im zugrundeliegenden Verfahren wandte sich der damals 59-jährige Kläger gegen die Rückforderung von Grundsicherungsleistungen durch das Jobcenter. Der Kläger war als Kraftfahrer bei einer Spedition in Salzgitter beschäftigt. An einem Samstag feierte er die Geburt seines ersten Enkelkindes und trank dabei Alkohol. Als die Zigaretten ausgingen, wollte er mit seinem PKW an einer Tankstelle neue besorgen und wurde von einer Polizeistreife angehalten. Die Polizei stellte einen Blutalkoholgehalt von mehr als 2,3 Promille fest. Der Kläger erhielt einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr mit einer Geldstrafe. Ihm wurde die Fahrerlaubnis entzogen, und die Verwaltungsbehörde wurde angewiesen, dem Kläger vor Ablauf von noch 9 Monaten keine neue zu erteilen. Wegen des Entzugs der Fahrerlaubnis kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. Im Anschluss bezog der Kläger aufstockende Grundsicherungsleistungen („Hartz IV“).

Das Jobcenter machte gegen den Kläger einen Ersatzanspruch in Höhe von rund 2.600 € geltend, weil der Kläger die Hilfebedürftigkeit sozialwidrig herbeigeführt habe. Durch eine besonders schwere Verletzung der beruflichen Sorgfaltspflichten habe er seinen Arbeitsplatz und damit das existenzsichernde Einkommen verloren.

Dem ist das LSG nicht gefolgt. Bei der Fahrt eines Berufskraftfahrers unter Alkoholeinfluss in der Freizeit bestehe grundsätzlich kein spezifischer Bezug zur Herbeiführung einer Hilfebedürftigkeit, wie er insbesondere bei der Verschwendung von Vermögen in Betracht komme. Deshalb stelle das Verhalten des Klägers zwar eine rechtlich zu missbilligende Tat dar. Es sei aber nicht als sozialwidrig einzustufen, so dass der Kläger die „Hartz IV“- Leistungen nicht zu erstatten habe. Das Gericht hat sich dabei der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angeschlossen, die eine Sozialwidrigkeit selbst bei Straftaten verneint, die absehbar zu einer Inhaftierung und damit zum Wegfall von Erwerbsmöglichkeiten führen.

 

LSG Niedersachsen-Bremen, 05.07.2018 – L 6 AS 80/17

 Quelle: Pressemitteilung des LSG Niedersachsen-Bremen,  Celle, 13. August 2018